Bekannte Lösungsansätze und Gründe für deren gelegentliches Scheitern

In Teil 4 unserer mehrteiligen Serie zum Thema „Passende Aufbauorganisation zu SAFe® finden“ thematisieren wir bekannte Lösungsansätze wie das Spotify- und das Helix-Modell. Alle Artikel zum Thema finden Sie hier

Wie bereits beschrieben, ist allen bisher diskutierten Organisationsformen gemeinsam, dass sie stets fachliche Führung, also das Definieren von Zielen und Prioritäten, mit der disziplinären Führung, also derWeiterentwicklung und Beurteilung von Mitarbeitenden, vereinen. Führungskräfte neigen hierbei oft dazu, die Bewertung vonTeams und Mitarbeitenden auch stark an der eignen Prioritätensetzung zu spiegeln. Dies wiederum führt zu einem Gefühl mangelnder Autonomie seitens der Mitarbeitenden, was sich negativ auf die Motivation und Eigenverantwortung auswirkt.

Mehrlinienorganisationen, wie die klassische Matrixorganisation, verschärfen diesen Konflikt noch weiter, in dem auf ein Team oder Mitarbeitenden oft mehrere Führungskräfte kommen, die im schlimmsten Fall sogar konkurrierende Priorisierungen vornehmen. Die Mitarbeitenden sind somit zwangsläufig gezwungen, gegenüber einer Führungskraft Abstriche zu machen, wohlwissend, dass diese Person auch für ihreWeiterentwicklung, Beurteilung und damit weitere Karriere mit verantwortlich zeichnet.

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Die simple, aber sehr mächtige Antwort vieler bekannter Ansätze hierzu lautet schlichtweg: Fachliche und disziplinäre Führung werden konsequent entkoppelt, um somit den Schritt von einer leistungsorientierten Organisation hin zu einer postmodernen zu ermöglichen. Der wohl bekannteste Ansatz entstammt Henrik Knibergs Video “Spotify engineering culture” von 2014 und ist mittlerweile weithin als das Spotify Modell bekannt. Kniberg beschreibt neben vielen Engineering Praktiken darin vor allem auch die Organisationsform, die Spotify entwickelte, als sich die Firma von einem kleinen Scrum praktizierenden Unternehmen in kürzester Zeit in ein hochgradig skalierendes, agiles Unternehmen entwickelt.
Spotify setzt dabei hochgradig autonome, selbst organisierte Teams ein, die sogenannten Squads. Die Disziplinäre Führung ist dabei in sogenannten Chaptern abgebildet. Was auf den ersten Blick wie eine klassische Matrix wirkt, setzt jedoch die geforderte Entkopplung konsequent um, denn Chapter basierend auf Rollen und Expertise (z.B. Backend-Entwickler) und auch die Führungskraft eines Chapters erfüllt in ihrem Squad genau diese Rolle. Interessengemeinschaften werde in sogenannten Guilds organisiert, wodurch dieser Ansatz auch Netzwerkstrukturen ermöglicht.

McKinsey verallgemeinert diesen Ansatz 2019 im Prinzip, als sie den Begriff der Helix Organisation einführen, bei dem jeder Mitarbeitende einen Value Creation Manager hat (z.B. Product Owner des jeweiligen Squads im Spotify Modell) und einen Capability Manager, der vorwiegend Ziele der Personalentwicklung verfolgt (z.B. Chapter Führung im Spotify Modell).

Gerade das Spotify-Modell ist in den letzten Jahren in aller Munde und viele Firmen versuchen dies im Rahmen ihrer agilen Transformation einzuführen, entweder in Reinform oder als Unterbau für Frameworks wie SAFe®.

Real World Agile Scaling - das NOVEDAS-Buch

Dieses Buch stellt ein Kompendium aus praxisrelevanten Aufsätzen zum Thema agile Skalierung dar. Jedes Thema ist aus einer echten Praxis-Herausforderung entstanden und bietet so vor allem Denkanstöße und Lösungen, die in der Unternehmensrealität relevant sind.
Dabei wird oft vergessen, dass dieses Modell in einem sehr schnell wachsenden Startup entwickelt wurde und die zu Grunde liegenden Prinzipien (wie Vertrauen vor Kontrolle, oder Gemeinschaft vor Struktur) nicht immer zur eigenen vorherrschenden Firmenkultur passen. Wie einem Cargo-Kult folgend wird dennoch die Organisationsform eingeführt, in der Hoffnung, dass die gewünschten Änderungen der Firmenkultur schon passieren würden. Nicht selten trifft man dann auf klassische Matrixorganisationen, die ihre Teams bzw. Abteilungen plötzlich Chapter nennen, aber von den eigentlichen Prinzipien solcher Organisationsformen nur wenig umgesetzt haben.