Green IT – How To Get There?

Das ist so eine Sache mit der Green IT. Man bekommt den Eindruck, dass das Thema selbst jedem IT-Verantwortlichen schon länger ein Begriff ist, aber dennoch wird es nicht wirklich angegangen. 2008 war das Thema auf dem Hype Cycle von Gartner zu finden, in 2009 war es schon wieder verschwunden. Dabei sollte Green IT aufgrund der in den Medien weit verbreiteten Appelle an die Bevölkerung und die Unternehmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen bei jedem IT-Verantwortlichen praktisch täglich in Erinnerung gerufen werden. Scheinbar reicht es aber doch nicht, dieses Thema wirklich auf der Aufmerksamkeitsskala in die oberen Regionen zu befördern. Dort finden sich eher Hype-Themen wie Agile Scaling, Virtualisierung, DevOps, AI und Micro-Service-Architekturen – um nur einige Buzzwords zu nennen.

Energiekosten nun auch ein Kostenfaktor: Green IT als Lösung?

Dabei stehen die Zeichen eigentlich auf Sturm: der Beitrag der IT zu den weltweiten CO2-Emissionen hat schon seit einiger Zeit den des Luftverkehrs hinter sich gelassen. Die Energiekosten sind insbesondere seit Beginn des Ukraine-Krieges massiv gestiegen und werden zunehmend zu einem ausschlaggebenden Kostenfaktor für die IT. Weiterhin sind Veränderungen der Vergabekriterien öffentlicher Auftraggeber an IT-Dienstleister zu beobachten: CO2-Neutralität wird wahrscheinlich aufgrund der Vorgaben der EU-Kommission in 5 Jahren ein wesentliches Bewertungskriterium bei Ausschreibungen werden. Ein weiterer Aspekt wird die Attraktivität eines Unternehmens bei der Rekrutierung von jungen IT-Fachkräften werden, die zunehmend Wert auf das Thema legen werden. Das sind nur drei Faktoren, die zukünftig den Erfolg eines Unternehmens in Bezug auf Green IT bestimmen werden.

Nun könnte man vermuten, dass die IT-Verantwortlichen den Fokus auf die oben genannten aktuellen Themen legen und sich darauf verlassen, die Erreichung ihrer Green IT eben in der Zukunft umsetzen zu können. Allerdings wäre dies definitiv eine Fehleinschätzung der tatsächlichen Erfordernisse: Um den Weg zu einer Green IT wirtschaftlich sinnvoll zu beschreiten, braucht es Zeit – und davon nicht gerade wenig. Man kann eben nicht einfach hoppla-die-hopp kostenneutral die komplette Hardware in einem Rechenzentrum gegen eine neue, CO2-sparsame IT austauschen. Und das wäre sogar noch das geringere Übel: Der Austausch aller Arbeitsplatzsysteme eines größeren Mittelständlers gegen modernere erzeugt nach unserer Erfahrung mehr Aufwand und es bedarf dafür mehr Zeit als der Austausch zentraler Systeme.

Um die IT eines Unternehmens auf optimierte Nachhaltigkeit umzustellen, bedarf es unserer Einschätzung nach mindestens sechs Jahre – zweimal den üblichen Life Cycle der Systeme (wie wir zu dieser Einschätzung kommen, wird in einem Folgebeitrag erläutert).

Wie kann ein Unternehmen Green IT angehen?

Zunächst gilt es, die Unternehmensführung und die Fachabteilungen für das Thema Nachhaltigkeit in der IT zu sensibilisieren. In einigen Branchen wie z.B. in der Automobilindustrie fordern die Fahrzeughersteller bereits heute von ihren Zulieferern den Nachweis der Nachhaltigkeit oder der CO2-Neutralität bei der Herstellung der Produkte. Die IT ist als ein Element in der Wertschöpfungskette also gefragt, wodurch sich eine Überdeckung der Interessen von Fachabteilung und IT ergibt. Im nächsten Schritt gilt es, strategische Ziele und Strategieprozesse des Gesamtunternehmens, der Fachabteilungen mit dem Produkt-Management und der IT auf erforderliche Anpassungen zu prüfen und eine Synchronisierung zu schaffen.

Um dies tatsächlich umsetzen zu können, bedarf es in der IT einer vorherigen Analyse: Welchen Beitrag liefern die einzelnen Prozesse und Systeme zu dem Gesamt- CO2-Ausstoß der IT? Welche anderen Faktoren sind in der IT nicht nachhaltig? Hierbei spielen eben nicht nur der Energieverbrauch für den Betrieb der Systeme, sondern auch Ressourcenverbrauch bei Herstellung, Beschaffung, Installation und Entsorgung eine Rolle – das kann auch die vielzitierten seltenen Erden, der Verbrauch chemischer Stoffe bei der Herstellung und Entsorgung beinhalten. Und da die Nachhaltigkeit bei der Nutzung von IT gesamthaft über den kompletten Life Cycle von Geräten betrachtet werden muss, spielen Nutzungsdauer und Synergien eine weitere Rolle: Braucht ein Nutzer wirklich ein Dienst-Smartphone und ein Privat-Smartphone? Wo kann ggf. BYOD dazu genutzt werden, den CO2-Ausstoß der Unternehmens-IT zu reduzieren?

Sensibilisierung im Gesamtunternehmen

Auf Basis dieser Analysen und der vorhergehenden Sensibilisierung im Gesamtunternehmen kann dann eine über alle Unternehmenseinheiten abgeglichene Strategie und eine Roadmap festgelegt werden, mit der die IT den ersten Schritt auf dem Weg zur wirklichen Umsetzung von Green IT gehen sollte.

Auf die nächsten Schritte, die Stolpersteine und die zu beachtenden Randbedingungen auf diesem Weg gehen wir in folgenden Beiträgen ein.