Digitale Identität – Vision oder Realität? Der Stand der Dinge im Gesundheitswesen

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet voran und eröffnet vielfältige Möglichkeiten, die Versorgung effizienter, sicherer und nutzerfreundlicher zu gestalten. Dabei gewinnt das Thema digitale Identitäten als grundlegende Funktion zunehmend an Bedeutung. In diesem Newsletter möchten wir Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand der wesentlichen Punkte vermitteln.

Was sind digitale Identitäten und welche Aufgabe erfüllen sie im Gesundheitswesen?

Digitale Identitäten im Gesundheitswesen sollen als Alternative zu den vorhandenen Gesundheitskarten eingesetzt werden und Versicherten einen kartenlosen Zugang zu allen Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) bieten.

Digitale Identitäten basieren auf kryptografischen Schlüsseln, die sicher auf geeigneten mobilen Endgeräten, beispielsweise Smartphones, gespeichert werden. Sie ermöglichen es Versicherten, sich im Gesundheitswesen online eindeutig auszuweisen (inklusive Versicherungsnachweis) und sicher auf ihre Gesundheitsdaten sowie digitale Dienste zuzugreifen. Versicherte können sich dann beispielsweise über ihr Smartphone in Apps wie das E-Rezept oder die elektronische Patientenakte einloggen. Mithilfe digitaler Identitäten ist es möglich, Prozesse in der Gesundheitsversorgung zu vereinfachen und die Sicherheit zu erhöhen.

Gesetzliche Vorgaben und Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Grundlagen für digitale Identitäten im Gesundheitswesen sind im E-Health-Gesetz, im Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) sowie in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verankert. Diese Vorgaben stellen sicher, dass die Nutzung digitaler Identitäten datenschutzkonform, sicher und vertrauenswürdig erfolgt.

Auf Basis dieser gesetzlichen Vorgaben werden insbesondere durch die gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH) Standards für sichere digitale Identitäten entwickelt. Diese betreffen sowohl die digitalen Identitäten der Versicherten als auch die der Leistungserbringer im Gesundheitswesen.

Innovative Pilotprojekte, die beispielsweise biometrische Authentifizierung oder weitere eID-Funktionen nutzen, sind im Gange, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern.

Seit Januar 2024 sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, ihren Versicherten auf Wunsch eine digitale Identität auszustellen.

Einsatz von digitalen Identitäten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

Die digitale Identität der gesetzlich Versicherten in der GKV wird in Form einer „Gesundheits-ID“ bereitgestellt. Sie umfasst persönliche Daten wie die Krankenversichertennummer, den Namen und das Geburtsdatum und kombiniert somit die Funktionen von Personalausweis und Gesundheitskarte.

Die Gesundheits-ID wird von der jeweiligen Krankenkasse ausgestellt, ihre Nutzung ist jedoch freiwillig. Um die Gesundheits-ID nutzen zu können, wird ein mobiles Endgerät benötigt. Nach Durchlaufen eines Identifizierungsverfahrens kann der Versicherte auf alle Gesundheitsanwendungen in der Telematikinfrastruktur (TI) zugreifen.

Eine Gesundheits-ID kann auch wieder gelöscht werden. Durch die Löschung verliert man jedoch den Zugriff auf alle mit der ID verknüpften Gesundheitsanwendungen, z. B. die elektronische Patientenakte. Um wieder Zugriff auf die Gesundheitsanwendungen und die darin enthaltenen Daten zu erhalten, kann eine neue Gesundheits-ID erstellt und mit den Anwendungen verknüpft werden.

Die Gesundheits-ID basiert auf dem internationalen und etablierten Standard OpenID Connect. Dadurch lassen sich weitere Anwendungen und Dienste im Gesundheitswesen flexibel und ohne großen Aufwand integrieren.

Einsatz von digitalen Identitäten in der privaten Krankenversicherung (PKV)

Privatversicherte haben in der Regel keine elektronische Gesundheitskarte, da sie im Rahmen ihrer medizinischen Versorgung keinen Versicherungsnachweis benötigen. Für die sichere Nutzung neuer digitaler Anwendungen und Services wird jedoch eine digitale Identität benötigt. Daher stellen auch private Krankenversicherungen ihren Mitgliedern auf freiwilliger Basis nach und nach digitale Identitäten aus. Diese werden analog zur GKV in Form einer „GesundheitsID“ bereitgestellt.

Die Gesundheits-ID ermöglicht es Privatversicherten, sich sicher und komfortabel in der Telematikinfrastruktur zu authentifizieren. Damit können sie die stetig wachsenden Gesundheitsanwendungen und -dienste, wie beispielsweise das E-Rezept, in Anspruch nehmen. Ebenso ist damit bei ärztlichen Einrichtungen ein Online-Check-in möglich.

Nutzung in der Praxis

Obwohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurden, befindet sich die praktische Nutzung digitaler Identitäten noch im Aufbau. Zwar setzen Apps von digitalen Gesundheitsanwendungen und -diensten, die eine sichere Anmeldung erfordern, zunehmend auf Zwei-Faktor-Authentifizierung oder elektronische Identitäten, doch bei der breiten Akzeptanz besteht noch Nachholbedarf. Um diese bei den Versicherten und Leistungserbringern zu erhöhen, sollen mit der GesundheitsID zukünftig weitere Angebote nutzbar sein, beispielsweise die Anmeldung bei Patientenportalen von Leistungserbringern oder der Zugang zu Terminservices. Auch die Nutzung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGa) mit Einsatz der GesundheitsID ist geplant. Digitale Gesundheitsanwendungen sind verschreibungsfähige mobile Apps oder Webanwendungen mit einem medizinischen Zweck.

Darüber hinaus erhofft man sich eine zusätzliche Nutzung durch die Ausweitung der Verfügbarkeit von digitalen Identitäten für weitere Leistungserbringer, wie beispielsweise Heilberuflerinnen und Heilberufler.

Fazit

Die Entwicklung und der Einsatz digitaler Identitäten im Gesundheitswesen sind auf einem guten Weg, befinden sich aber noch im Aufbau. Mit fortschreitender Gesetzgebung, technischer Interoperabilität und Standardisierung sowie zunehmender Akzeptanz wird erwartet, dass digitale Identitäten künftig der Schlüssel zu einer noch stärker vernetzten, effizienten und patientenorientierten Gesundheitsversorgung sein werden.